Die USA und die Ukraine haben sich nach wochenlangen Verhandlungen auf die Einrichtung eines Wiederaufbaufonds geeinigt, der Washington auch Zugang zu Bodenschätzen in dem von Russland angegriffenen Land gewähren soll. Beide Seiten bestätigten die Einigung am Mittwochabend (Ortszeit) in Washington.
Trump setzte die Ukraine in der Vergangenheit bei dem Thema Rohstoffe massiv unter Druck. Er betrachtete potenzielle Gewinne aus dem Rohstoffabbau als Ausgleich für finanzielle und militärische Unterstützung der USA. Nach der nun getroffenen Vereinbarung betonte der Republikaner, dass die USA viel mehr zurückbekommen würden, als sie bisher investiert hätten. Er bekräftigte seine Sichtweise, dass eine wirtschaftliche Präsenz der USA in der Ukraine auch eine Sicherheitsgarantie für das Land darstelle.
Investitionsfonds zur Ausbeutung ukrainischer Bodenschätze
US-Finanzminister Scott Bessent und die ukrainische Vizeregierungschefin Julia Swyrydenko unterzeichneten das Vertragswerk in der US-Hauptstadt. Der Text des Abkommens wurde zunächst nicht veröffentlicht. Vorgesehen ist aber ein Investitionsfonds zur gemeinsamen Ausbeutung ukrainischer Bodenschätze, der Mittel zum Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes erwirtschaften soll. Die USA erhalten damit einen privilegierten Zugang zu ukrainischen Ressourcen - darunter Metalle der seltenen Erden, die für Hochtechnologie wichtig und strategisch bedeutsam sind.
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Bessent: Trump setzt sich für Frieden ein
US-Finanzminister Bessent sagte, das Abkommen sei ein klares Signal an die russische Führung, dass sich die Trump-Regierung langfristig für einen Friedensprozess einsetze, in dessen Mittelpunkt "eine freie, souveräne und prosperierende Ukraine" stehe.
Swyrydenko betonte, der Wiederaufbaufonds solle in Projekte zur Förderung von Mineralien, Öl und Gas sowie in damit verbundene Infrastruktur investieren. "Die Ukraine und die Vereinigten Staaten werden gemeinsam die zu finanzierenden Investitionsprojekte festlegen", schrieb sie auf Facebook. Investiert werden dürfe nur in der Ukraine. In den ersten zehn Jahren solle der Fonds Gewinne und Einnahmen nicht ausschütten, sondern reinvestieren.
Um Bedenken in der Ukraine vor einem möglichen Ausverkauf zu begegnen, betonte Swyrydenko, dass der Fonds gleichberechtigt mit den USA betrieben werde. Die Ukraine werde ihren Anteil am Fonds nicht aus bestehenden Rohstoffprojekten leisten, sondern 50 Prozent der Einnahmen aus künftigen Förderlizenzen oder Rohstoffverkäufen einzahlen.
Ukraine muss Militärhilfen nicht zurückzahlen
Umstritten war in den Verhandlungen, ob die Ukraine Militär- und Finanzhilfen der USA mithilfe der Rohstoffausbeutung quasi zurückzahlen muss. Dies ist nach Angaben Swyrydenkos nicht der Fall.
Die USA könnten ihren Beitrag zu dem Fonds auch mit Militärhilfe leisten, zum Beispiel mit Flugabwehrwaffen, erläuterte sie. Die Ukraine müsse keine Schulden wegen bisheriger Waffen- oder Finanzhilfen aus den USA in den gut drei Jahren seit Beginn des russischen Angriffskriegs tragen. In keinem der Partnerländer sollen demnach Steuern auf die Einnahmen des Fonds anfallen.
Eklat im Weißen Haus
Verhandlungen über das Abkommen liefen seit Februar. Sie standen aber nach einem Eklat zwischen Trump, dessen Vize JD Vance und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus vor dem Scheitern. Schließlich konnten sich beide Länder doch auf einen neuen Anlauf verständigen. Mitte April unterzeichneten Kiew und Washington eine Absichtserklärung.
Parlament in Kiew muss noch zustimmen
Das Abkommen muss vor Inkrafttreten noch vom ukrainischen Parlament ratifiziert werden. Selenskyj hatte den Deal im vergangenen Herbst vorgeschlagen, um Sicherheitsgarantien der USA zu erhalten. Die Hoffnung auf solche Garantien erfüllte sich nach allem, was bekannt ist, zunächst nicht.
Am vergangenen Wochenende kam Selenskyj dann in Rom am Rande der Trauerfeier nach dem Tod von Papst Franziskus für ein Gespräch mit Trump zusammen. Angesprochen darauf, was er Selenskyj gesagt habe, antwortete Trump nun im US-Fernsehen, er habe dem Ukrainer geraten, ein Abkommen zu unterzeichnen, "weil Russland viel größer und viel stärker ist".
In der Ukraine befinden sich rund fünf Prozent der weltweiten Bodenschätze. Diese sind jedoch zum Großteil noch nicht erschlossen und schwierig abzubauen. Viele Vorkommen befinden sich zudem in den besetzten Gebieten unter russischer Kontrolle.
Selenskyj nennt Abkommen fair und historisch
Das Rohstoffabkommen mit den USA bezeichnet der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj als gleichberechtigt, fair und historisch. Es sei ein Baustein für die Modernisierung der Industrie in der Ukraine. Laut Selenskyj ist das Abkommen das erste Ergebnis seines Treffens mit US-Präsident Donald Trump im Vatikan am Rande der Beerdigung von Papst Franziskus. Das Abkommen werde in Kürze vom ukrainischen Parlament ratifiziert.
Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP
Zum Video: Rohstoff-Deal unterzeichnet
Seltene Erden in der Ukraine
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