Training im Tanz-Saal der Tanzsportgemeinschaft (TSG) Fürth: Einmal die Woche legen hier Jugendliche zwischen elf und 18 Jahren vor einem großem Spiegel eine kesse Sohle aufs Parkett. Heute auf dem Programm: Lateinamerikanische Tänze wie Samba und ChaChaCha. Tanzen, das ist für viele mehr als nur Sport.
Die gemeinsame Leidenschaft verbindet, viele Schülerinnen und Schüler haben sich durch das Tanzen kennengelernt, sind mittlerweile Freunde. Einfach mal den Kopf frei kriegen, dafür sei Tanzen der optimale Sport, erzählen einige. Doch gerade im Kinder- und Jugendsport machen schwarze Schafe immer wieder Schlagzeilen: Leistungsdruck, Diskriminierung bis hin zum Missbrauch. All das sind Dinge, die Eltern Sorgen bereiten, wenn sie ihre Kinder zum Sport schicken.
TSG Fürth: Jugendschutzkonzept ausgezeichnet
Das bestätigen auch Diana Schmitt und Esther Tietz, deren Söhne regelmäßig bei der TSG Fürth zum Tanz-Training gehen. Umso mehr erleichtert es die beiden Frauen, dass der Verein ein umfassendes Jugendschutzkonzept erarbeitet hat, für das er kürzlich sogar eine Auszeichnung vom Deutschen Tanzsportverband bekam. Als erstem Verein in Deutschland wurde den Fürthern das DTSJ-Jugendschutzprädikat in Gold verliehen.
Zum Konzept gehört unter anderem eine eigene Kinderumkleide sowie ein Verhaltenskodex für speziell geschulte Trainerinnen und Trainer, die auch immer wieder Fortbildungen besuchen und für das Thema Diskriminierung und Missbrauch sensibilisiert sind. Das Wohl der Kinder steht bei der TSG Fürth an erster Stelle, erklärt Tanz-Trainerin Kerstin Stockmann. "Wir wollen, dass es den Kindern gut geht und dass sie sagen können, ich geh gern ins Training und ich habe Spaß dabei."
Kontaktsport Tanzen: Trainer benötigen Fingerspitzengefühl
Tanzen sei ein Kontaktsport, so Kerstin Stockmann, Anfassen gehöre ab und zu einfach dazu. Dabei müssten die Trainerinnen und Trainer aber sehr behutsam vorgehen. Fingerspitzengefühl ist gefragt, sagt Tanz-Coach Daniel Stockmann: "Generell gehe ich zu den Kindern hin und frage, ob es okay ist, wenn ich mal kurz an der Hüfte anfasse oder an den Schultern. Und dann muss ich darauf achten, wie das Kind reagiert. Wenn das Kind das nicht möchte, muss ich eben einen anderen Weg finden, damit umzugehen."
Vertrauen ist beim Training das A und O. Da sind sich alle Beteiligten einig. Bei der TSG Fürth fühlen sich die Schülerinnen und Schüler wohl, sagen sie im Gespräch mit BR24. Der 15-jährige Jonathan erzählt: "Die fragen jedes Mal: Darf ich dich kurz berühren?" und auch die elf Jahre alte Lilly bestätigt: "Bevor sie mir zeigen, wie ich die Hüfte bewegen soll, fragen sie, ob sie mich dort bewegen dürfen und zeigen mir dann ganz genau, wie das geht." Tanzschülerin Leni, 14 Jahre alt, ergänzt: "Es ist einfach toll, dass man hier allen vertrauen kann und mit allen über alles reden kann." Das Jugendschutzkonzept scheint aufzugehen.
Eltern schätzen Engagement
Auch die Eltern wissen die Bemühungen des Tanzsportvereins zu schätzen. Allein acht Ansprechpersonen sowie einen Interventionsleitfaden sieht das Jugendschutzkonzept vor, sollte doch einmal etwas sein.
"Beruhigend", sagt Diana Schmitt, deren Sohn bei der TSG tanzen lernt. Sie wisse noch aus eigener Erfahrung, dass die Verhältnisse in manchen Vereinen früher ganz andere waren. "Da war man manchen Dingen einfach so ausgeliefert." Nun wisse sie genau, an wen sie sich im Ernstfall wenden könne. "Ich finde das schon sehr wichtig", sagt sie im Gespräch mit BR24. Auch Mutter Esther Tietz weiß den respektvollen Umgang in dem Sportverein zu schätzen. Die Atmosphäre sei sehr freundschaftlich, "die Trainer begegnen den Kindern auf einer Ebene." Leistungsdruck gebe es nicht.
Mit ihrem Jugendschutzkonzept will die TSG Fürth nicht nur für die eigenen Mitglieder da sein, sondern auch eine Vorbildfunktion für andere Vereine einnehmen. Interessierte dürften sich jederzeit an sie wenden und nach Tipps fragen, sagt Tanz-Trainerin Kerstin Stockmann.
Tanz-Training bei der TSG Fürth.
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