Spielt eine diabolische Rolle in "Meister und Margarita": Schauspieler August Diehl
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Nur Fiktion? "Meister und Margarita" ist in Russland ein Kinohit

Nur Fiktion? "Meister und Margarita" ist in Russland ein Kinohit

Es sollte nur eine Klassiker-Verfilmung werden. Doch durch den autoritären Backlash in Russland wurde Michail Lockshins Verfilmung von Bulgakows "Meister und Margarita" bestürzend aktuell. Beim russischen Publikum kommt das an.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Morgen am .

Der Epochenroman "Meister und Margarita" von Michail Bulgakow handelt von der Kollision eines begabten Künstlers mit tyrannischer Macht.

Eine Parabel über Kunst und Macht

Im Zentrum der Geschichte: Ein Theaterautor, der sich im Moskau der 30er Jahre gegen den Irrsinn eines autoritären Regimes zu behaupten sucht. Trotz seiner Berühmtheit wird er jedoch aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen, sein Verleger Berlioz distanziert sich aus Feigheit öffentlich von ihm, nur sein Freund Aloysius steht ihm vermeintlich bei, entpuppt sich später jedoch als mieser Verräter. Zum Glück gibt es da noch eine Frau, Margarita, unglücklich verheiratet mit einem hohen sowjetischen Funktionär. Sie nennt den Schriftsteller "Meister" – die beiden entbrennen füreinander.

Regisseur Michael Lockshin hat diese Geschichte in seiner Verfilmung recht frei adaptiert. Wie Michail Bulgakow liegt es ihm an der Erforschung von Macht und Mitläufertum. Lockshin selbst wurde in den USA geboren, seine russischstämmige Familie emigrierte jedoch Mitte der 80er Jahre nach Moskau, wo er später studierte und als Filmregisseur debütierte. Seit Russlands Angriffskrieg lebt er wieder in Kalifornien.

Plötzlich war der Stoff hochaktuell

Er habe einen Film machen wollen, der zwar in der Vergangenheit spiele, aber dennoch aktuell sei, sagt er. "Wir dachten, wir erzählen eine Geschichte, die einen warnenden Charakter hat. Tragischerweise wurde unsere Geschichte aber plötzlich blanke Gegenwart."

Bereits 2021 wurden die Filmarbeiten in St. Petersburg, Moskau und Kroatien abgeschlossen. Universal Pictures sollte "Der Meister und Margarita" herausbringen. Aber dann überfiel Russland die Ukraine und der Hollywood-Verleih zog sich zurück. Erst im Januar 2024 kam "Der Meister und Margarita" in die russischen Kinos. Und wurde ein riesiger Erfolg.

In Russland ein großer Erfolg

1,5 Millionen Menschen strömten in nur einer Woche in die Vorführungen. Einschüchterung, Terrorisierung Andersdenkender, Verrat und Mitläufertum – plötzlich war diese Geschichte keine surrealistische Parabel mehr auf Stalins Terrorregime, sondern eine mitreißende Story über den eigenen Alltag.

Lockshins Film erzählt in Rückblenden von der Zerstörung eines Schriftstellers durch den totalitären Staat. Wir lernen ihn in einer düster-wuchtigen psychiatrischen Klinik kennen, wo er festgehalten wird und heimlich ein Buch zu Ende schreibt. Wie in der Romanvorlage verschwimmen allmählich Fiktion und Wirklichkeit.

Ein Teufel tritt auf den Plan, Woland, an seiner Seite der schwarze Kater Begemoth. Die beiden rächen sich in Moskau an all jenen, die den Meister zu Fall gebracht haben. Michael Lockshin hat die Rolle mit August Diehl besetzt, der einen infernalischen Mephisto abgibt und – wie schon Bulgakows Woland – Deutsch spricht. Eine Anspielung auf die "Volksfeinde" unter Stalin und die Diffamierung als "ausländischer Agent" unter Putin.

Lockshin ist den Anfeindungen des Putin-Regimes ausgesetzt

Bizarre Fantasy Elemente wechseln sich ab mit realistischen Passagen aus der Diktatur, philosophischen Dialogen aus dem verbotenen Theaterstück des verfolgten Autors über Pontius Pilatus und Gesprächen in der Irrenanstalt. Ein wilder, brillant bebilderter, exzentrischer Mix ist das, der nichtsdestotrotz den Kern der Wirklichkeit trifft. Und als hätte der Teufel seine Finger im Spiel, ergeht es Michail Lockshin nach der Premiere seines Films in Russland genauso wie seinem Filmhelden.

"Die wichtigsten Propagandisten Putins und die wichtigsten Fernsehsender, ja sogar die Duma griffen mich und den Film an", erzählt er. "Das ist natürlich eine Ironie der Geschichte, denn der Film handelt ja genau von ihnen. Ein Thema ist ja unter anderem der Konformismus der Leute, die sich dem Regime andienen."

Am Ende des Films geht das verleumderische, kniefällige, diktatorische, menschenverachtende Moskau in Flammen auf – aktueller könnten Rachefantasien kaum sein.

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