Das DOK.fest München feiert dieses Jahr seinen 40. Geburtstag. Über 100 Filme werden gezeigt, die man im Kino anschauen oder im Internet streamen kann.
Film-Tipp 1: "Soldaten des Lichts"
Wenn David in sein Handy plappert, wirkt er ganz harmlos. "Mr. Raw", nennt er sich. Er grüßt seine Follower, spricht über Proteine und Aminosäuren. "Haltet euch fest, heute ist ein Kamerateam da, das einen Film über Mr. Raw dreht", sagt er. Der Film, von dem David Ekwe-Ebobisse spricht, heißt "Soldaten des Lichts" – und zeigt in der nächsten Szene, wie er im Garten steht und telefoniert. "Mir geht es sehr, sehr schlecht", sagt eine Krebspatientin am anderen Ende der Leitung. "Du bist grad mitten in der Entgiftungsphase, dein Körper stellt sich um", sagt David. Die Patientin sorgt sich, dass die Rohkost-Umstellung, mit der David ihr Heilung verspricht, nicht anschlägt. "Geh mehr auf die Vitori-Matte", rät David.
Reichsbürger im Königreich Deutschland
David ist als "Mr. Raw" die Galionsfigur einer veganen Rohkost-Ernährungssekte, und er ist Reichsbürger im "Königreich Deutschland". Ein rechtsextremes Fantasie-Land, das damit wirbt, Menschen von Demokratie und Steuern zu befreien. Der Dokumentarfilm "Soldaten des Lichts" kommt Mr. Raw ganz nah. Zeigt ihn und Menschen, die mit ihm zusammenleben, beim Brennnesselpflücken, Klimmzügemachen und Sauerkrautessen. Aber auch bei strategischen Treffen mit Figuren wie dem "Geistheiler Sananda", der früher Polizeibeamter war und David seine Weltsicht erklärt: "Auf dieser Erde leben auch viele, die sind keine Menschen", sagt Sananda. "Die echten Menschen liegen momentan bei 13 Prozent." David reagiert ungläubig: "So wenig?"
"Soldaten des Lichts" ist ein Film, der die lebensgefährlichen Folgen einer Parallelwelt zeigt. Und, wie ein Rohkost-Reichsbürger anschlussfähig wird. Im Grunde, weil er zwei Dinge verspricht: Sixpack und Steuervermeidung.
Filmtipp 2: "Endlich Unsterblich"
Der Musiker Florian Paul und seine Band haben dagegen gar keine Lust, Influencer zu sein. Paul erklärt im Zündfunk-Interview: "Weil uns das nicht gefällt und wir das nicht fühlen, direkt in die Kamera zu labern, die Leute anzuquatschen, dass man auf eine Art und Weise betteln geht."
In knapp anderthalb Stunden begleitet der Film "Endlich Unsterblich" die Band "Florian Paul und die Kapelle der letzten Hoffnung". Zum Beispiel auf einer Konzert-Tour jenseits großer Hallen. In Gera spielen Florian Paul und die Kapelle auf einer Geburtstagsfeier – das Geburtstagskind ist Fan – und in Schwerin in einer ranzigen Pommesbude.
"Endlich Unsterblich" nimmt uns sogar mit zum intimsten Moment eines jeden Musikers: Wenn man seinen Bandmitgliedern einen neuen Song vorspielen muss. Vor allem aber erzählt der Film die Geschichte von Menschen, die dafür kämpfen, von ihrem Handwerk leben zu können, ohne sich dabei kreativ zu verraten. Florian Paul hofft, dass das zum Erfolg führt. "Das ist das, was alle dabei hält: Der Glaube, dass sich ein langer Atem und das Stehen zu sich selbst irgendwann auszahlt", sagt Paul.
Filmtipp 3: "Azza"
Zu sich selbst steht auch Azza. Sie ist eine der ersten Fahrlehrerinnen Saudi-Arabiens und die Heldin des gleichnamigen Films. Drei Jahre hat Regisseurin Stefanie Brockhaus Azza al Shareef in Saudi-Arabien begleitet. Ein Land, in dem Frauen erst seit 2018 Auto fahren dürfen. "Es ist eigentlich fast unmöglich, Geschichten über saudische Frauen zu erzählen, weil die sich eigentlich nicht zeigen dürfen", sagt die Regisseurin.
Trotzdem ist "Azza" mehr als ein Schauermärchen über ein Land, in dem das Patriarchat noch immer fast ungebrochen herrscht. Brockhaus sei es wichtig gewesen, die Komplexität der Realität zu zeigen, sagt sie: "Dass man eben nicht anfängt, zu bewerten, sondern dass man die Person als solche versteht, in ihrer Lebenssituation."
"Alle Frauen stärken, die sich machtlos fühlen"
Azzas Eltern zwingen sie zur Hochzeit, sie muss die Ausbildung abbrechen, ohne Abschluss. Azza bekommt vier Kinder, doch dann riskiert sie alles: Sie erzwingt die Scheidung von ihrem gewalttätigen Ehemann, wagt es, auf eigenen Beinen zu stehen, in einer Gesellschaft, die das für Frauen nicht vorsieht. Aber Azza zieht es durch. Selbst, wenn ihr Jeep im Wüstensand stecken bleibt. Wenn man Azza danach fragt, lacht sie nur: "Du musst einfach die Luft aus den Reifen rauslassen, das ist ganz einfach. Aber ich kann das, weil ich ein Kind der Wüste bin!"
Hinweis: Für "Azza" gibt es aktuell keinen Trailer.
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