Kaiserschnitt Die Folgen können gravierend sein
Schmerzen, Blutungen, Unfruchtbarkeit: Nach einem Kaiserschnitt können Nischen und Löcher in der Gebärmutterwand entstehen – und den Frauen große Probleme bereiten. Schuld daran ist wohl die aktuelle Nahttechnik beim Kaiserschnitt. Die Kaiserschnittnarben-Defekte und ihre Symptome, auch genannt "Caesarean Scar Disorder", werden viel zu selten entdeckt. Und lassen sich doch durch eine Operation beheben
Natalie hat Schmerzen. Nach der Geburt ihres vierten Kindes vor sieben Jahren war plötzlich alles anders.
"Meine Periode habe ich im Schnitt 16 Tage, das sind Schmierblutungen. Vor und nach den Blutungen habe ich Schmerzen, krampfartige Unterleibschmerzen – aber auch Beckenschmerzen, Migräne, Schwindelanfälle. Ich habe einen starken Harndrang. Nach etwa fünf Jahren sind immer mehr Symptome dazugekommen. Es wurde immer schlimmer und schlimmer und eigentlich unerträglich. Das letzte Jahr war für mich das schlimmste."
Natalie
Schmerzen, Blutungen, Pilzinfektionen: Ärzte finden keine Ursache
In ihrem Alltag schränken sie die Beschwerden ein. Mit ihren Kindern kann sie nicht mehr entspannt ins Schwimmbad gehen, weil sie nie weiß, wann die Blutungen beginnen. Die Hausarbeit strengt sie sehr an, sie ist schnell erschöpft. Durch den ständigen Blutverlust leidet sie an starkem Eisenmangel - trotz Eisen-Infusionen leert sich ihr Eisenspeicher schnell. Ihre Arbeit schafft sie oft nur noch mit Hilfe von Schmerzmitteln.
Schließlich geht sie jeden Monat zu ihrer Gynäkologin – doch die findet keine Ursache. Mit allen Mitteln versucht Natalie, die Symptome zu bekämpfen.
"Meine Frauenärztin hat mir Mönchspfeffer gegeben, aber dadurch wurde alles schlimmer und ich habe zusätzlich Pilzinfektionen bekommen. Dann habe ich Pillen bekommen, dadurch habe ich drei Wochen durchgeblutet. Ich bin von Arzt zu Arzt gerannt. Aber keiner wusste, was los ist. Ich bin mir hilflos vorgekommen, weil ich mit Medikamenten vollgestopft wurde, aber mir keiner geholfen hat. Ich dachte, die verharmlosen das alles, die nehmen mich nicht ernst."
Natalie
Im Krankenhaus vor Ort wird sie abgewimmelt. Die Ärzte empfehlen ihr, sich die Gebärmutter entfernen zu lassen. Doch das möchte sie nicht.
"Psychisch ging es mir sehr schlecht. Ich habe viel geweint. Und ich wusste nie, wovon das alles kommt. Das hat mir schon Angst gemacht."
Natalie
Neues Krankheitsbild: "Caesarean Scar Disorder"
Aufbau der Gebärmutter:
Die äußerste Schicht der Gebärmutter ist das Perimetrium, eine Umkleidung mit Bauchfell. Nach innen folgt eine dicke Schicht aus Muskelzellen – das Myometrium. Innen liegt die Schleimhaut - im Bereich der Gebärmutterhöhle genannt Endometrium. Sie unterscheidet sich im Aufbau von der Schleimhaut im Gebärmutterhals.
In der ersten Zyklushälfte verdickt sich das Endometrium unter hormonellem Einfluss. Hat keine Befruchtung stattgefunden, wird die verdickte Schleimhaut abgestoßen – und bei der Regelblutung ausgeschieden. Die Muskelschicht zieht sich dabei zusammen, und befördert die Schleimhaut nach außen. Dies kann zu Regelschmerzen führen.
Natalie forscht selbst nach und stößt im Netz auf ein neues Krankheitsbild: die sogenannte "Caesarean Scar Disorder", eine Störung der Kaiserschnittnarbe. Erst im Jahr 2023 hat eine Expertengruppe das Krankheitsbild definiert. Bei mehr als jeder zweiten Frau mit Kaiserschnitt verheilt die Narbe in der Gebärmutter schlecht, es entstehen Nischen und Löcher in der Gebärmutterwand. Für bis zu 40 Prozent der Betroffenen hat das schwerwiegende Folgen.
"Von dem Krankheitsbild hatte ich vorher noch nie gehört. Ich wusste gar nicht, dass so was überhaupt passieren kann. Darüber wird man nie aufgeklärt."
Natalie
Kaiserschnittnarben-Defekte: die Symptome
Die Symptome des Krankheitsbilds stimmen mit Natalies Beschwerden überein. Und: Ihre Kinder kamen alle per Kaiserschnitt auf die Welt. So wie etwa 223.000 Kinder pro Jahr - jede dritte Geburt in Deutschland ist ein Kaiserschnitt, Tendenz steigend.
Natalie recherchiert weiter und findet eine Ärztin, die Frauen mit defekten Kaiserschnittnarben hilft: die Regensburger Gynäkologin Prof. Angela Köninger.
"Frauen mit Kaiserschnittnarben-Defekten haben sehr häufig Blutungsstörungen, also vor allem sehr schmerzhafte und verlängerte Blutungen. Auch der Geschlechtsverkehr wird schmerzhaft und die Frauen beklagen vermehrten Ausfluss. Das sind Symptome, die von der Gebärmutter kommen und man kann sie sehr gut durch den Defekt erklären: Gebärmutterschleimhaut, Gebärmutterhalsschleim und Muskelschicht verändern durch den Defekt ihre Position und ihre Beziehung zueinander."
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Ein Symptom: Endometriose
Defekte Kaiserschnittnarben können auch zu Endometriose führen, was die Schmerzen weiter verstärkt.
"Endometriose ist verschleppte Gebärmutterschleimhaut, die zum Beispiel zum Bauchfell gelangt und nicht abgebaut wird, sondern dort als Fremdkörper behandelt wird. Der Körper produziert Abwehrreaktionen dagegen. Und das verstärkt die komplette Symptomatik, weil die Endometriose-Herde jeden Monat in den Bauch hineinbluten. Die haben sich sozusagen von der Gebärmutter gelöst und führen ein eigenständiges Leben."
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Je größer der Defekt ist und je länger er andauert, umso ausgeprägter sind häufig die Symptome. Die Nischen und Löcher werden im Lauf der Zeit immer größer. Wenn mindestens die Hälfte der Gebärmutter-Muskelwand offen ist - oder wenn die intakte Wand dünner als zwei Millimeter ist - sprechen Ärztinnen und Ärzte von einem großen Defekt. Normalerweise ist die Gebärmutterwand ein bis zwei Zentimeter dick.
Unfruchtbarkeit nach dem ersten Kind
Manche Frauen haben trotz einer defekten Kaiserschnittnaht aber auch keine Symptome. Bei anderen führen die Defekte hingegen zu Unfruchtbarkeit, auch genannt sekundäre Sterilität. Warum das so ist, dazu forscht Prof. Köninger aktuell mit ihrem Team.
"Das Thema ist noch sehr wenig beforscht. Wir nehmen bei allen Frauen, die mit Nischen zu uns kommen, Gebärmutterschleimhaut-Biopsien. Und untersuchen diese in unserem Forschungslabor auf Entzündungsreaktionen. Denn wir glauben, dass durch die Defekte eine chronische Inflammation in der Gebärmutter entsteht, die die Einnistung verhindert. Da ist die Forschung aber noch am Anfang. Wir können auch anhand des Therapie-Erfolges Rückschlüsse ziehen. Dass es scheinbar erfolgreich ist, wenn wir diese Löcher wieder verschließen. Dann enden die Symptome. Die Frauen werden mit einer hohen Wahrscheinlichkeit schwanger. Und das ist der biologische Beweis, dass die Wiederherstellung der Gebärmutter-Integrität das Problem zu beheben weiß. Auch wenn wir das momentan auf molekularer Ebene noch nicht genau benennen können."
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Der Hintergrund der Hypothese: Durch den Defekt sammelt sich im Loch Sekret – Gebärmutter-Blut, also Menstrual-Blut. Gebärmutterschleimhautzellen wachsen dann in der Nische fest. Die Gebärmutterschleimhaut ist ein hochaktives Gewebe, sie baut sich jeden Monat unter dem hormonellen Einfluss neu auf und blutet wieder ab. Sie blutet immer von dort aus, wo sie sich gerade befindet – auch aus der Nische heraus. Die Schleimhaut sitzt also an der falschen Stelle, dagegen wehrt sich das Immunsystem. Der Körper reagiert mit einer Entzündungsreaktion.
Kinderwunschbehandlungen vergeblich
Unfruchtbarkeit nach dem ersten Kind – das kennt Sarah (Name geändert). Seit 2,5 Jahren wünscht sie sich ein Geschwisterchen für ihren Sohn. Acht Kinderwunschbehandlungen nimmt sie insgesamt auf sich. Bei der ersten erleidet sie eine Fehlgeburt, sieben weitere Behandlungen folgen – ohne Erfolg.
"Nach dem ersten Kind mit Kaiserschnitt war es bei den nachfolgenden Versuchen sehr schwierig, beim Transfer mit dem Katheter in die Gebärmutter reinzukommen. Ich hatte Schmerzen dabei und brauchte später sogar eine Narkose, weil es einfach nicht funktioniert hat."
Sarah
Auch sie leidet während des Zyklus unter Schmerzen und verlängerten Blutungen. Trotzdem führt die Kinderwunschklinik die Behandlung fort. Nach vier Behandlungen machen die Ärzte eine Gebärmutterspiegelung – und finden nichts.
"Da hieß es, es war alles wunderbar. Und danach haben wir weitergemacht mit den Behandlungen."
Sarah
Aus ärztlicher Sicht ist scheinbar alles in Ordnung – Sarah vertraut den Ärzten und sucht die Schuld bei sich.
"Mit jedem weiteren Versuch ist der Druck gewachsen, und ich habe gedacht: Woran liegt es jetzt? Was ist denn los? Warum funktioniere ich nicht? Warum klappt es nicht? Was mache ich falsch? Esse ich was Falsches, trinke ich zu viel Kaffee, fehlt mir irgendein Vitamin, bewege ich mich zu wenig?"
Sarah
Ultraschall zeigt den Defekt deutlich
Eine Freundin schickt ihr schließlich einen Artikel über defekte Kaiserschnittnarben. Sarah geht zu Prof. Köninger – die Expertin macht einen Ultraschall und sieht sofort:
"Da ist ein Loch in der Gebärmutter-Vorderwand, ein Spalt in der Muskelschicht. Das ist ein kompletter Defekt der Gebärmutter-Vorderwand. Hier hat man beim Kaiserschnitt das Baby rausgeholt. Und man hat das auch wieder gut zusammengenäht. Aber es ist mit der Zeit wieder aufgegangen."
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Sarah kann es nicht fassen. Etwa 10.000 Euro hat sie für die Kindewunschbehandlung bereits ausgegeben – obwohl sie so überhaupt nicht schwanger werden konnte.
"Das ärgert mich sehr, weil es sehr leicht herauszufinden ist, wenn man ein geschultes Auge hat. Und das sollte man als Gynäkologe haben. Vor allem, wenn man in der Kinderwunschpraxis ist, wo man denkt, die müssten ja genau auf so etwas spezialisiert sein. Wieso finden die das nicht? Man ist so oft dort beim Ultraschall - und keiner findet es. Es ist frustrierend."
Sarah
Mit einem vaginalen Ultraschall können Gynäkologinnen und Gynäkologen defekte Kaiserschnittnarben erkennen. Wichtig ist dabei, den Ultraschall in der ersten Zyklushälfte zu machen – Kontrastmittel verbessert das Bild zusätzlich. Warum bleibt das Krankheitsbild trotzdem oft noch unerkannt?
"Weil noch zu wenig Bewusstsein für diese sogenannte Kaiserschnittnarben-Krankheit besteht. Man hat noch nicht ausreichend Sensibilität für die Beschwerden, die die Frauen beschreiben. Man neigt dazu, das zu bagatellisieren. Oder Frauen, die nach einem Kaiserschnitt sehr schmerzhafte Perioden haben, denken sich, das liegt irgendwie an meiner Kaiserschnittnarbe. Sie normalisieren Dinge, die eigentlich krankhaft sind. Das passiert auch auf der ärztlichen Seite."
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Ein Ultraschall ist außerdem in vielen Fällen eine IGeL-Leistung, also eine Selbstzahler Leistung – und wird deswegen zu selten gemacht.
Erste Fälle vor 13 Jahren
Die ersten Frauen mit defekten Kaiserschnittnarben hat Prof. Köninger 2012 gesehen. Doch woher kommen die Defekte plötzlich? Sie forscht nach und kommt zu dem Schluss: Schuld ist die Nahttechnik beim Kaiserschnitt.
Denn: Vor der Jahrtausendwende wurden beim Kaiserschnitt alle drei Schichten der Gebärmutter einzeln vernäht. Doch dann ändert sich der internationale Standard für die Nahttechnik. Alle Schichten werden fortan nur noch mit einer einzigen Naht verschlossen, einer Allschicht-Naht. Einige Schichten der Bauchwand bleiben offen. Die sogenannte Misgav-Ladach-Technik. Die Vorteile: Es geht schnell, braucht wenig Faden-Material, die Patientinnen haben weniger Schmerzen. Aber:
"Man sieht leider auch die Folgen. Wenn man vorne alles auflässt, die Schichten nicht mehr verschließt - vor allem das Bauchfell, das an die Bauchdecke grenzt - dann klebt die Gebärmutter vorne an die Bauchwand und zieht die Naht auseinander. Das Problem beim Kaiserschnitt ist: Wenn wir die Gebärmutter nicht so verschließen, wie sie vorher war und die Schleimhaut, ein hochaktives, hormonabhängiges Gewebe in einen Muskel hineinnähen, dann wird die Schleimhaut dort drin gefangen. Und mit jedem Zyklus wachsen Zellen, die in der Gebärmutter-Wand sozusagen eingeschlossen sind - und dehnen sie mit der Zeit von innen auf."
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Problem: Nahttechnik beim Kaiserschnitt
Prof. Köninger fordert: Die Nahttechnik muss sich wieder ändern. Alle Schichten sollen wieder so verschlossen werden, dass sie nicht untereinander vermischt werden. Besonders wichtig: Die Schleimhaut nicht in den Muskel hineinnähen.
"Ganz fatal ist es, wenn die Schleimschicht aus dem Gebärmutterhals in die Gebärmutterwand hineingenäht wird. Das passiert vor allem, wenn man die Kaiserschnitt-Narbe in den Gebärmutterhals hineinlegt. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Geburt zum Zeitpunkt des Kaiserschnitts schon weit fortgeschritten ist."
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Im vergangenen Sommer hat sie mit ihrem Team dazu eine Studie veröffentlicht.
"Wir haben zu jedem Schritt der Kaiserschnitt-Operation die wissenschaftlich bewiesen beste Variante gewählt - und das alles als eine Nahttechnik erklärt - vom Eröffnen der Gebärmutter bis hin zum Verschluss der Bauchdecken. Nach einem Jahr haben wir die Frauen nachuntersucht. Und mit dieser Nahttechnik haben wir keine relevanten Nischen bei den Patientinnen gesehen."
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Neue Leitlinien: weitere Studien nötig
Prof. Köninger koordiniert eine Aktualisierung der Leitlinien. Doch bis eine neue Nahttechnik in den Leitlinien empfohlen wird, sind noch weitere wissenschaftliche Studien nötig.
"Wir werden das schon in unserer nächsten Leitlinie berücksichtigen. Aber wir können es wissenschaftlich noch nicht final beweisen. Kaiserschnittnaht-Defekte sind ein sehr neues Thema. Das heißt, uns fehlen noch die großen Studien. Und deshalb wird es auch schwierig werden, meine Theorien, die auf Hypothesen und Erfahrungen beruhen, zu einer generalisierten Empfehlung zu erklären. Gute Wissenschaft fordert Fall-Kontroll-Studien. Es ist schwierig, solche Studien durchzuführen. Weil man keine Patientinnen finden wird, denen man sagen kann: ‚Ich mache jetzt bei ihnen eine mutmaßlich schlechtere Nahttechnik, nur weil ich das wissenschaftlich prüfen möchte.‘. Man muss eher retrospektiv schauen, wann hat man wie genäht oder in welchem Haus wird wie genäht? Und dann vergleicht man das Miteinander. Wir werden also mit viel gesundem Menschenverstand und mit Erfahrung wissenschaftlich beweisen müssen, was die beste Nahttechnik ist. Und dann wird es auch in die alltägliche Praxis eingehen."
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Unnötige Kaiserschnitte vermeiden
Ein Kaiserschnitt rettet in vielen Fällen das Leben von Mutter und Kind – zum Beispiel bei Schwangerschaftsvergiftungen, Frühgeburten oder akuten Problemen unter der Geburt. Für Kliniken sind Kaiserschnitte besser planbar als Spontangeburten - und sie bringen mehr Geld. Doch das sei nicht ausschlaggebend für die hohen Kaiserschnitt-Zahlen, sagt Prof. Köninger.
"Oft wünschen sich Frauen auch einen Kaiserschnitt aus Angst vor der Geburt. Oder Medizinern mangelt es an Erfahrung für eine gute Geburtshilfe. Wir sollten aber insgesamt sorgfältiger abwägen, ob wir wirklich einen Kaiserschnitt machen."
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Eine gute Geburtshilfe ist wichtig, um Beschwerden und damit Notkaiserschnitte möglichst zu vermeiden. Ärztinnen, Ärzte und Eltern sollten also gut abwägen, wer wirklich einen Kaiserschnitt benötigt.
Defekte Kaiserschnittnarben: Operation zur Korrektur
Bei Natalie steht heute die Operation zur Korrektur ihrer Kaiserschnittnarbe an.
"Ich bin sehr aufgeregt, aber ich freue mich auch, dass danach die Schmerzen weg sind."
Natalie
Auch für die Korrektur des Defekts hat Prof. Köninger ihre eigene OP-Technik entwickelt, die sie ebenfalls wissenschaftlich auswertet. Sie startet mit einer Gebärmutterspiegelung, bei der sie die Nischen oder Löcher sehr gut sehen kann. Dabei verkocht sie deren Randbereiche mit elektrischem Strom. Bei der folgenden Bauchspiegelung löst sie die Verwachsungen zwischen Gebärmutter und Harnblase und entfernt Endometriose, falls vorhanden. Über einen kleinen Bauchschnitt verschafft sie sich anschließend Zugang zur Gebärmutter. Sie schneidet die defekte Stelle raus, säubert die Wundränder und näht die einzelnen Uterusschichten wieder zusammen. Wichtig dabei: die Ränder exakt aufeinander nähen – mit sehr straffen Nähten.
"Wenn wir einen kleinen Bauchschnitt machen, hat die Patientin natürlich etwas mehr Schmerzen. Das ist ein invasiverer Eingriff. Aber wir haben mit unseren Fingern Zugang zum Nischen-Gewebe und wir spüren: Wo ist noch Narbe? Wo muss ich noch etwas rausschneiden?"
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Nachsorge mit spezieller Pille
Bei Natalie ist die Operation gut verlaufen. Sie ist erleichtert. Doch manchmal ist eine zweite Operation nötig. Und: Die Patientinnen bekommen im Anschluss noch drei Monate lang eine spezielle Pille mit Gelbkörperhormonen.
"Damit der Gebärmutterhalsschleim und die Gebärmutterschleimhaut-Zellen in einen Ruhezustand kommen und keine Chance haben, wieder irgendwelche Säfte zu bilden, die die Wunde auseinander dehnen könnten."
Univ.-Prof. Dr. med. Angela Köninger, Direktorin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, Regensburg
Und auch Sarah hofft, dass ich ihr Traum von einem zweiten Kind doch noch erfüllt.
"Ich bin sehr froh, dass ich die Diagnose habe und operiert werde. Ich weiß jetzt endlich, woran es liegt. Ich weiß, dass ich nicht schuld war. Ich weiß, dass ich wieder Hoffnung haben kann, dass es danach klappt. Es gibt eine Lösung dafür."
Sarah
Eine Studie der Uniklinik Amsterdam zeigt: Die OP verringert die gynäkologischen Beschwerden der betroffenen Frauen deutlich. Und laut einer Studie der "University of British Columbia" werden etwa 60 Prozent der Frauen mit Kinderwunsch nach der Nischen-OP wieder schwanger, obwohl sie vorher unter Unfruchtbarkeit gelitten hatten.
Über 100 Frauen hat Prof. Köninger in den vergangenen zwei Jahren operiert. Viele weitere warten noch auf ihren OP-Termin.